Brettspiel Emulatoren Teil 1 (VirginQueen per Mail)


Seitdem ich nun im 5ten Jahr exessiv 4-5 mal die Woche Brettspiele spiele, habe ich weniger Zeit für alles andere. Als erstes fiel die Zeit fürs Computerdaddeln weg. Mit realen Menschen an einen Tisch zu sitzen, ist um einiges kommunikativer als jede LAN Session.

Vor knapp 2 Jahren flog ganz bewusst mein TV Empfang völlig aus meinem Leben. Dafür bin ich nun Veranstalter eines regelmäßigen kostenfreien und nahezu stets überfüllten SpielCafes in Köln und allerlei Events rund ums brettspielen.

Einen Computer hab ich selbstverständlich noch, organisiere ich das alles doch hauptsächlich per Facebook.

Ich besitze schon seit längerem mehrere Brettspiel Emulatoren, hatte diese aus reiner Neugier angeschafft und diese ganz nach unten meinem PileOfShame hinzugefügt. Ebenso hab ich ein paar APP Versionen von Brettspielen auf meinem Smartphone und Tablet, spiele diese aber nie. Ich schiebe Pöppel bedeutend lieber in real über ein Pappbrett, als das Gefummel auf kleinen Bildschirmen und fiddelischen Menus.



Vor allem aber spiele ich nie etwas allein, ich mag viel lieber die regelmäßigen geselligen Runden mit meinen Spielfreunden. Es ist auch etwas völlig anderes, als wenn man in einem Computerspiel mit jemanden aus Texas, jemanden aus Russland, in einem Team gegen drei Koreaner spielt und im Headset hört man allenfalls mal ein "fuck". Das ist nichts gegen die Gesichtsausdrücke, das fluchen und Gelächter, wenn man jemanden am Tisch einen Pöppel, eine Ressource oder einen Pakt bricht.

Es gibt allerdings Spiele, die spiele ich super gerne, und leider auch viel zu selten. Alle Spiele von GMT zB. Für diese meist englischen "card driven" Strategiehammer, finden sich viel zu selten passende Mitspieler. Selbst mir mangelt es an einigen Partien an Erfahrung um mit den richtig guten mitzuhalten, trotz meiner knapp 800 Spielpartien um Jahr.

Diese "heavy" Spiele sind oft randvolle Schachteln, voll mit Pappe und tausend Markern. Die Anleitungen so gut zu lesen, in der Zeit des Regelstudiums könnte man auch ein Theologiestudium absolvieren.

Eines meiner Lieblinge ist "Virgin Queen". Ich besitze sogar eine der seltenen deutschen Ausgaben namens "Elisabeth - Religionskriege". Wer sich einen kurzen Überblick verschaffen möchte, kann sich ja die 6 STUNDEN Video Tutorial anschauen. Das ist kein Scherz, das ist nur eine Einführung!

Virgin Queen spiele ich also viel zu selten, das Spiel verzeiht in der Diplomatiephase nicht den geringsten Fehler.

Kommen wir zu Vassal, dem kostenfreien Brettspielemulator. Man merkt der Bedienung an, dass dies freie Software ist. Es ist arg fummelig,  fühlt sich an als wäre man wieder in den 90ern. Erschwerend kommt hinzu, das jedes Spielmodul dafür stets völlig anders ausschaut und sich anders bedienen lässt. Oft scheitert man an Kleinigkeiten, und sucht sich doof, um einen passenden Klick oder Zug zu machen. Ich bin sogar am Aufbau des virtuellen Spieles gescheitert.

Nun kenn ich aber den famosen Nick, der sich anscheinend nicht nur mühelos, sondern auch gerne in solche Dinge reinfuchst. Mit Nick hatte ich auch meine erste Partie Virgin Queen gespielt! Ich denke mal auf die Pointe meines kleines Tagebuches kommt ihr diesmal selbst!

Nick hatte schon einige Partien Virgin Queen mit Vassal hinter sich, meine mir alle seit Jahre bekannten Mitspieler trafen sich in einer kleinen FB und luden dort jeweils nach Ihren Spielzügen ihre Logfiles hoch. Nach deren zweiten Runde stieg ich mit ein.

Ich kämpfte hart mit der Bedienung, noch härter mit den wieder vergessenen Spielregeln und noch härter gegen Janis den Protestanten, der mein ordentlich konservatives Frankreich immer wieder missionierte. Dazu hatte ich noch meinen Erzfeind Gero als Engländer im Nacken. Als Franzose ist man bei Virgin Queen nicht nur mit dabei, sondern mittendrin!

Was es so virtuell sogar einen kleinen Tacken gut macht ist, dass man sich unter vier Augen im Chat besprechen kann ohne dazu den Raum zu verlassen. Im gemeinsamen Gruppenchat haben wir Vereinbarungen und Hochzeiten angesagt, und in der FB Gruppe und im Logfile des Spieles die einzelnen Spielzüge kommentiert.

Ergo... mir gruselte es vor der Partie etwas, ausgerechnet so nen kleinteiligen Brummer wie VirginQueen, mit solch einem Stück Software spielen zu müssen, dazu noch ein Spiel bei dem der mündliche Diplomatie Teil so derart wichtig ist.

Aber es funktioniert überraschend gut!

Es hat sogar Vorteile und egalisiert die Nachteile von VirginQueen etwas, denn das Spiel ist episch und dauert auch episch lange. Es hat ebenso episch lange Downtimes. In der virtuellen Version aber nicht, da jeder irgendwann mal für 2-3 Minuten am Tag mal seinen Zug macht und die anderen nicht die ganze Zeit darauf warten müssen.

Ich hatte mir wie beim Schach per Briefpost mein original Pappspiel auf meinem Tisch aufgebaut, und so parallel in real die Partie nachgestellt.

Für Vassal gibts einige tausend umgesetzten Brettspiele, ich hab mit Nick bereits eine Testpartie für StarCraft aufgebaut und kann den Emulator für epische Spiele, wo die Züge nicht zeitgleich gespielt werden durchaus empfehlen.

Als nächstes werde ich den Tabletopsimulator auf Steam testen. Der ist um einiges hübscher und haptischer zu bedienen. Man kann sogar den Spieltisch umwerfen!

Beide Emulatoren haben im übrigen keinerlei KI, und dienen lediglich als Spieltisch mit entsprechenden Spielmaterial. Solo spielen geht so nicht.

Was aber gut geht, ist ein Brettspiel so kostenfrei mal anzuschauen oder anzutesten ohne die Katze im Sack zu kaufen.

http://www.vassalengine.org/
http://www.vassalengine.org/wiki/Module:Virgin_Queen


Wer bis hierhin gelesen hat bekommt nun noch einen meiner ersten FB Artikel über VirginQueen.

Nach knapp 8 Stunden haben wir es bei knapp der hälfte der Rundenzahl abgebrochen. Ganz wichtig, ich habe nicht nur Geros Hochzeit verhindert, ich habe ihn als Bräutigam bei der Hochzeitsfeier erschossen. DasHü hatte danach eh kein großes Glück beim heiraten.

Aber, mit Gero mein ewiges Feindbild immer im Blick, hab ich den stets sehr netten Nick mal so richtig kennengelernt. Er bot mir von der ersten Sekunde an seinen Frieden an, und überfiel mich dann nicht nur sofort, sondern immer wieder Runde für Runde mit einem stets freundlichem Lächeln. Der Frieden zwischen den vom Spiel vorgegebenen römischen Deutschen von dasHü, und den Ottomanen von Nic, war nicht gerade hilfreich für mich.
Aber als "Spanier" zu spielen, fühlte sich eh so an, als spielte man gegen 5 Spieler Simultanschach, und so war es auch. Erst mal alle auf mich, Spanien ist zu Beginn riesig, alle anderen gierig. Macht definitiv Spaß, so ist man nicht nur dabei, sondern ständig mittendrin, wenn man denn nur genug Resourcen hätte, an allen Ecken gleichzeitig zu kämpfen, aufzubauen, zu plündern, zu missionieren, zu heiraten usw.
Der eine beraubt dich im Mitttelmeer mit seinen Piraten, der andere Ande überfällt als Engländer mit dem Franzosen in der neuen Welt deine ungeschützten Kolonien, die Protestanten in Niederlanden bringen deine Katholiken von rechten Weg ab, der Franzose überfällt deinen Vatikan, der Deutsche und der Ottomane ziehen dir deine Karten. Viel Feind viel Ehr!
Sie ließen erst von mir ab, als Chris mit einem fehlendem Punkt vorm Sieg stand. Und plötzlich lief es, dank vereinten Kräften, gar nicht gut für Chris Franzmänner.
Andreas Guilhaus machte dem Verpackungsnamen alle Ehre, und verlobte sich als Virgin Queen in nahezu jeder Runde mit einem anderem, um dann einfach stramm ihre Beine zusammen zu halten und als Jungfrau Punkte zu kassieren. Ich liebe es!



Ein Auszug aus einer Rezension: "Überschauberer Spielzeit, überschaubaren Regeln und welches spielmechanisch keine allzugrosse Distanz zu klassischen EuroGames aufweist. Elisabeth I. ist nichts von davon, denn es dauert lange, sehr lange. Es hat 44 Seiten Regeln, dazu noch ein 32 seitiges Szenarioheft mit weiteren Regeln. Und die Spielmechaniken haben das Potential gestandene Euro-Gamer in die Verzweifelung zu treiben.
"Und doch schreibe ich nun darüber, und um es vorweg zu nehmen, es wird ein Loblied werden – ohne wenn und aber, denn es gibt keine wenns und keine abers. Es gibt aber auch eine Empfehlung, versucht euch das Spiel am besten nicht selber beizubringen, sucht euch einen erfahrenen CoSim-Spieler oder noch besser jemanden der das Spiel bereits kann und euch näher bringt. Es ist kein sonderlich schwieriges Spiel, aber die meisten EuroGamer werden mit dem Regelwerk schlichtweg überfordert sein und dadurch ist Frustration vorprogrammiert."

Hier ne gute Rezi, bei der der Rezensionist ebenso erschlagen wurde.
http://www.attila-products.de/?p=308

https://www.facebook.com/groups/brettspielenkoeln/permalink/795764393879492/